FOTOCOLLAGEN
Unter technischen und zeitökonomischen Gesichtspunkten hat das Anfertigen von Collagen gegenüber dem Gestalten von Mischtechnikbildern den Vorteil, daß zu jeder Zeit mit dem Prozeß des Gestaltens unterbrochen und wieder neu angefangen werden kann, so lange die ausgeschnittenen Teile der Bilder noch nicht geklebt sind. Damit ist es möglich, sich auch nur für kurze Zeit dem Collagieren zuzuwenden und eventuell viel später wieder an der Stelle weiterzumachen, an der aufgehört wurde ( bei den Meditationsbildern ist das Bildgestalten dann beendet , wenn die Farben abgebunden sind und ein Mischen der Farbschichten auf der Hartfaserholzplatte nicht mehr möglich ist ). Im Gegensatz zum intuitiven, meditativen Malen bedeutet für mich das Gestalten von Collagen die Möglichkeit, provokativ Beziehungskrisen des Menschen darzustellen: Beziehungskrisen zur Mit- und Umwelt , gestörte Beziehungsgleichgewichte in bezug auf die Innen- und Außenwelt. Die Themen kreisen um die Stellung des Menschen in der Natur, um das Naturhafte seines Wesens und um die Distanz, die der moderne Mensch zur Natur hergestellt hat. Beim Collagieren fühle ich mich den Surrealisten verbunden, die provozieren, anklagen, wachrütteln und verfremden. Landschaften geben für mich häufig den Hintergrund und den Rahmen ab, auf und in dem sich Problembereiche von Beziehungskrisen ereignen. Die Veränderung der gewohnten Umgebung läßt plötzlich alles in anderem Licht erscheinen, das Abrücken vom Herkömmlichen und Gewohnten zwingt zum Innehalten, Nachdenken und Neubewerten. Veränderungen des Bezugsrahmen können das Gewahrwerden lieb gewonnener und wichtiger Bezüge in Frage stellen. Im Gegensatz zu den Titeln der Meditaionsbilder sollen die Bezeichnungen der Collagen konfrontieren, Dissonanzen evozieren. Ambivalenz und Gegensätze sind gewollt, der Titel der Bilder kann schlicht beschreibend oder verschlüsselt programmatisch sein. Die Collagen stellen Fragen, die mit dem Titel gestellt werden z.B. gleicht die Beziehungsaufnahme von Mann und Frau einer "Tuchfühlung" mit verbundenen Augen? Sind Liebende "verblendet"? Können die sich "riechen"? Ahnen sie etwas von der engen Bezogenheit und Abhängigkeit auf- und zueinander? Wird die eigene innerseelischeandere Seite der Persönlichkeit aktiviert, beflügelt im Sinne von Animus und Anima C. G. Jungs? Neben diesem intellektuellen Spielen mit Bildinhalten und Beziehungsaspekte geben die Collagen mir auch die Möglichkeit, ästhetische Variationen auszuprobieren, unabhänngig von möglichen hintergründigen Gedanken, die sich beim Betrachten immer wieder neu einstellen dürfen. Während die "Meditationen" Bilder sind, die ich für mich selbst male, kann es vorkommen, daß eine Collagen entsteht im Anschluss an eine Begegnung mit einem Patienten oder einer Familie, die einen Rat sucht. Mitunter entdecke ich dann, daß die "Botschaft" der Collagen als Fortsetzung einer solchen Beziehungswahrnehmung zu sehen ist. Damit vermögen auch die Collagen ähnlich wie die Meditationsbilder für mich psychohygienische bedeutsam zu sein. Als "abgebrochene Dialoge" können sie wie die Meditationsbilder vielleicht beim Betrachten - mit der eigenen seelischen Landschaft korrespondierend - in differenzierter Art und Weise fortgesetzt werden.